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Hier wird versucht ein ganzheitliches Verständnis des Lebens und Werkes Gustav Landauers (1870 - 1919) zugewinnen. Literatur und Philosophie, politische Betrachtungen und Aktionen bei Gustav Landauer sollen unter dem Aspekt der Befreiung von einer ekelerregend empfundenen Gegenwart interpretiert werden. Die gesellschaftlichen und politischen Zustände des deutschen Kaiserreiches, sowie sich dagegen auflehnende sozialistische Perspektiven wurden von Landauer  stets unter diesen Aspekt berücksichtigt. Bereits in seiner frühen "Utopie", die wir im Roman "Der Todesprediger" (1893) finden, wird die bürgerliche Ordnung im Zusammenhang der "socialen Frage" literarisch behandelt. Landauers frühe politische Aktivität - bis zum ersten Gefängnisaufenthalt - berücksichtigte die "sociale Frage" aber nicht nur literarisch. Auch nationalökonomische, philosophische und religiöse Thematiken wurden unter Berücksichtigung dieser Frage behandelt. Diese komplexen Zusammenhänge sollen hier herausgearbeitet und unter dem Begriff des Kulturoptimismus zusammengefaßt werden. Dabei wurde die Entstehung der anarchistischen Zeitung "Der Sozialist" ebenso berücksichtigt, wie die dort von Landauer veröffentlichen Artikel. Aber auch die Zeitschriftenaufsätze, die Landauer bis zum Erscheinen des sogenannten ersten Sozialist schrieb - u. a. der wichtige Artikel "Religiöse Erziehung" - wurden herangezogen.

Gustav Landauers früher Befreiungsversuch konkretisierte sich mit den eben angesprochenen Umständen. In seiner politisch aktiven Berliner Zeit kristalisierte sich ihm eine antipolitische Sichtweise heraus. Der antipolitische Befreiungsversuch, welcher von der Sozialdemokratie nicht mehr angestrebt werden konnte, versetzte Landauer in die Situation libertäre Gedanken auszuformulieren. So konnte er beispielsweise für genossenschaftliche Produktionsstätten eintreten, die, am technischen Fortschritt!, den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Menschen orientiert, wirtschaften. Die "sociale Frage" wurde libertär, und deswegen nicht bürgerlich - sozialdemokratisch, verstanden. Da sich der deutsche Arbeiter aber weitgehend an der marxistischen Sozialdemokratie orientierte, war er nicht an freiheitlichen Entwürfen interessiert. Unter diesen Bedingungen versuchte Landauer die Hindernisse aufzeigen, welche seinem Versuch der Arbeiterschaft libertäre Ideen zuvermitteln, entgegenstanden. In welchen Ketten befanden sich die vom bürgerlichen Staat und der Sozialdemokratischen Partei vereinnahmten Arbeiter? Gustav Landauer fand diese allgemeinen Irrtümer im Parlametarismus und der materialistischen Geschichtsschreibung. Die marxistische Geschichtsschreibung wird in dieser Abhandlung als Ausdruck dogmatischen Denkens verstanden, welche der anarchistischen Denkweise und der damit zuverwirklichenden libertären Gesellschaft entgegensteht. Dasselbe gilt für den Parlamentarismus. Dogmatisches und Anarchistisches Denken bei Gustav Landauer werden hier ebenfalls mit den Artikeln des "Sozialist", und den zuvor veröffentlichten Aufsätzen aufgezeigt. Damit findet der oben benannte Zusammenhang von Literatur, Philosophie und Politik eine notwendige Vertiefung.

Diesen Zusammenhang herauszuarbeiten, scheint mir wichtig. Der erste Teil dieser Untersuchung, der Leben und Werk Landauers bis zu seinem zweiten Gefängnisaufenthalt berücksichtigt, möchte die Grundlagen für ein vertieftes Verständnis der nach der Jahrhundertwende erschienen Artikel und Schriften, und den späten politischen Aktivitäten, legen. Der rote Faden der durch sein gesamtes Werk geht, ist, so meine ich, der Befreiungswille von einer menschenunwürdig empfundenen Gesellschaftsform, sowie Landauers humanistischer Anspruch die Verwirklichung der libertären Gesellschaftsordnung ernstzunehmen. Landauer gewichtete die Befreiung und die gesellschaftliche Utopie in seinen vielfaltigen Leben unterschiedlich. Ob er aber nun das antipolitische, das künstlerische, oder später das Mystische (als notwendiges Resultat seiner vorhergehenden Lebenserfahrung) in den Vordergrund stellt: Immer sind die, in dieser Abhandlung aufzuzeigenden und mit dem Kulturoptimismus bezeichneten Zusammenhänge, vorhanden. Dieses macht sein Werk, vor allem im Zeitalter der Spezialwissenschaften, wo das Ganzheitliche oft schwerzlich vermißt (und in verfehlten Perspektiven gesucht wird) so spannend. Vielleicht kann dieser Text dem geneigten Leser von dieser revolutionären Utopie etwas vermitteln?
 
 

  Bildrechte: T. Ruprecht

 

1. 1885 - 1892 Studenten Zeit und frühe Literaten Zeit in Berlin

2. 1892 - 1894 Frühe politische Aktivität und erste Gefängnisbesinnung

3. 1895 - 1899
 
 
 
 
 

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